Pulse
                                 		Kinderstimmen,  bellende  Hunde,  Fahrradklingeln. 
Ruhe.  –  Dann  zerreißt  eine  dröhnende Autohupe 
die  vermeintliche Stille.  Hämmer-  und  Sägegeräusche mischen  sich  mit  Gesprächsfetzen  
vorbeiziehender Passanten.
 
Das  ist  "Kralja  Petra"  (König Peter),  eine  der  ältesten Straßen
Belgrads.  Sie  pulsiert.  Wie  eine  Arterie  die  zum Herzen  führt.  Ebenso
die  gleichnamige  Haupteinkaufspassage  in  der  mazedonischen  Hauptstadt
Skopje.  Wer glaubte,  Balkans  Straßen  seien  mit  dem  Ableben  Titos
verstummt,  wird  bei  diesem  Anblick  verwundert  feststellen:  "Balkan
streets  are  still  alive."  -  Frei  nach  dem Motto:  
Totgeglaubte  leben  länger.  Sie  wurden  nach  den 
Jugoslawienkriegen teilweise erneuert und mehrere Male umbenannt.  Manche
Gebäude  wurden  saniert,  andere abgerissen. Alte, traditionelle Läden mussten
neuen, moderneren Geschäften weichen. 
Bronzestatuen und Denkmäler zieren  nun  
Teile  der  Straßen,  sollen  an  glorreiche Zeiten 
erinnern. Die Menschen, die sie jeden Tag passieren, 
interessiert das relativ wenig. Für sie sind die Wege Heimat,  Teil  des  täglichen  Lebens,  Arbeitsplatz.  
Es  sind  ihre Straßen,  nicht  die  einer  Regierung.  Ohne  die  Individuen wären  sie  lebloser  Beton,  
Asphalt  und  Glasfassade. Erst  das  Durchschreiten  und  Aufhalten  jedes
Einzelnen  macht  die  Straße  zu  etwas  Lebendigem. Alle
Gesellschaftsschichten  treffen  hier  aufeinander  und  es entsteht  ein  an-
und  absteigender  Puls.  Dieser  wechselhafte Puls formt eine Dramaturgie. Früh
morgens fängt er langsam an zu pochen, steigert sich bis zum Höhepunkt am
Nachmittag und flacht dann Abends wieder allmählich ab. Dieser  Puls  ist  es,
der  die  Herzen  der  Städte  Balkans schlagen  lässt.  Nicht  die  westlichen,
neuzeitlichen Geschäfte  und  Denkmäler  oder  prunkvollen  Neubauten. 
 
Einige der Fotos wurden 2013 im Magazin "East of Eden" publiziert.